WM-Vorbereicht Banyoles 28.8.04

Sicherlich ist Olympia der große Traum eines jeden Sportlers weltweit. Doch gerade im traditionellen Ruderwettkampfsport ist leider nicht jede Bootsklasse olympische Disziplin, was jedoch die wenigsten Zuschauer wissen. Insbesondere bei den Leichtgewichten, also den Ruderern unter 72,5 kg, sind nur der Doppelzweier und der Riemenvierer vom IOC nach Athen geladen. Alle anderen ermitteln ihre Meister bei den diesjährigen Welttitelkämpfen im spanischen Banyoles. Zumindest weht dort noch ein Hauch von Olympia über die brütend heiße 2000-Meter-Rennbahn, denn vor exakt 12 Jahren war die olympische Sportfamilie genau hier zu Gast.
Auch zwei Ratzeburger Rivalen der Rennbahn schinden sich hier bei tropischen Temperaturen in ihren Booten auf dem heißen Wasser und kämpfen am Wochenende um die wertvollen Medaillen. Nach der im Frühjahr verpassten Olympia-Qualifikation in seinem Hamburger Vierer hat der 24jährige Ratzeburger Jörg Lehnigk ebenso spontan wie flexibel umgesattelt und sich mit dem Hamburger Schlagmann Joachim Drews einen echten Weltmeister ins Boot geholt. Mit seinem Trainingspartner zusammen, denn das blonde Leichtgewicht Lehnigk studiert in der Hansestadt Sport, sind unzählige Trainingskilometer im Zweier-ohne Steuermann auf der Außenalster unter Trainer Marcus Schwarzrock gearbeitet worden. Und die ehrbaren Früchte dieser Trainingssaat waren die Siege von den Internationalen Regatten in Duisburg und Ratzeburg, sowie der deutsche Meistertitel plus schnellstes deutsches Boot im Finale vom World Cup in Luzern. Aus der Not wurde eine unglaubliche schnelle Tugend für den stets gut gelaunten Riemenruderer und somit auch die berechtigte Nominierung vom Deutschen Ruderverband für die WM in Banyoles. Und selbst die knappe Vorlaufniederlage gegen Dänemark beim ersten Stelldichein der Platzhirsche soll für Weltmeister Drews und seinen Partner und U23-Weltmeister Lehnigk keine Hürde darstellen. „Denn am Wochenende sind erst die Finals, da wollen wir rein und wenn wir den Sprung geschafft haben, dann entscheidet die Tagesform und jeder kann gewinnen. Wenn wir da denken würden, wir könnten nicht vorne mitfahren, dann bräuchten wir gar nicht erst hierher fahren“ erzählt ein zu allem bereiter Jörg Lehnigk motiviert bis in die Haarspitzen.
Einen anderen Weg schlug indes Nils Budde am Anfang der Saison ein. Er wollte sein Leben nicht wie so viele andere dem Olympiajahr unterordnen und konzentrierte sich neben seinem Sportmanagement-Studium in Salzgitter auf seinen schnellen Skiff, den er unabhängig wo und wann er wollte trainieren konnte. Auf dem Frühtest im April positionierte sich der 23jährige ehemalige Jugendwart des RRC dann so vorteilhaft, dass er einen Platz im renommierten Deutschen Leichtgewichtsvierer bekam, indem Lehnigk vergangenes Jahr in Mailand noch WM-Bronze gewann. Fortan hatte der Vierer mit Budde im Bug national keinen Gegner mehr zu fürchten und triumphierte ebenfalls in Duisburg und Ratzeburg und legte sich das eine oder andere Mal mit den Schwergewichtsbooten der offenen Klasse an und scheuchte sie über die Albano-Regattabahn. Und die „Dicken“ retteten sich oft nur mühsam vor den 70-kg-Dünnbeinen über die Ziellinie. Von daher gilt der DRV-Doppelvierer mit Nils Budde an Bord zu den absoluten Medaillen-Favoriten. Im Vorlauf bei etwas drückenden 39° Celsius musste sich das Quartett zwar noch den Kanadiern geschlagen, steckt aber dennoch nicht auf. „Nach zwei Wochen guter Trainingsarbeit mit unserem Coach Diethelm Maxrath in Mainz ist für uns noch lange nicht Schluss. Wir greifen im Hoffnungslauf wieder mit voller Mannschaftsstärke an und werden uns für das Finale qualifizieren. Und dort ist dann alles offen, jeder kann gewinnen, aber wir sind auch gut drauf“, gibt sich Budde am Telefon zu den LN aus dem 4-Sterne-Hotel Gerona an der Regattastrecke ebenso optimistisch wie angriffslustig, denn auch eine gewisse „Coolness“ gegenüber den Gegnern kann für den entscheidenden Vorsprung sorgen. Es bleibt für die vielen Ratzeburger Ruderfans zu hoffen, dass es am Ende vielleicht wieder einmal wie zu Karl Adams Zeiten auf die Frage, wo denn Ratzeburg liegt, lautet: „Zwei Längen vor dem Gegner“!