In der Ruderwelt ist Thomas Lange ein bekannter und sehr geachteter Name. Als Weltmeister und zweifacher Olympiasieger im Einer hat er die Welt durch beeindruckende Rennen, sein Talent und seine extrem flüssige und saubere Rudertechnik begeistert.
Dieses Interview könnte vor allem für junge Ruderer interessant sein, die sich auf dem Weg zu hochgesteckten Zielen befinden. Thomas Lange gibt einen Einblick in seine eigenen damaligen Trainingsphilosophien, und er spricht über die Dinge, auf die man seiner Meinung nach achten muss, um ehrgeizige Ziele in der absoluten Weltspitze zu erreichen zu können.
Ich sprach mit Thomas Lange in seinem jetzigen Heimatverein, dem Ratzeburger Ruderclub, im Rahmen der Ratzeburger Regatta Anfang Juni diesen Jahres. In diesem Zusamenhang sprachen wir auch über seine Erfahrungen während und auch nach seiner leistungssportlichen Karriere und wie er noch heute diesen Sport genießt. Das Gespräch ist hier auszugsweise wiedergegeben.
KJ: Thomas, wann hast Du mit dem Rudern angefangen?
TL: Ich habe mit 10 Jahren 1974 mit dem Rudern begonnen.
KJ: Kannst Du mir erzählen, wie Du zum Rudern gekommen bist?
TL: Zunächst habe ich geschwommen und ich war auch im Schwimmen nicht schlecht und hatte einige Erfolge. Mein Schwimmverein arbeitete eng mit der Sportschule zusammen und es wurde mir eine zwar gute Karriere als Schwimmer prognostiziert, aber nicht der ganz große Erfolg vorhergesagt. Ich sei vor allem zu schwer und breit in Taille und Hüfte für mein Alter, um als Schwimmer in die Spitze zu kommen. Langfristig hätte ich also nicht die anatomischen Voraussetzungen um ein guter Schwimmer zu sein. Damit wurde ich aus dem Schwimmprogramm genommen.
Etwas später kam ich dann zum Rudern. Mein Vater hat mich dazu ermuntert, dass ich mit dem Rudern beginnen solle, meine Mutter ist dann zum Ruderverein gegangen und hat mich vorgestellt. Dort war ich dann schon als Junior sehr erfolgreich und also blieb ich dabei. Mit mir hatten auch einige andere in meinem Alter angefangen, und wir hatten in dieser Gruppe gemeinsam sehr viel Spaß. Wir trainierten und an den Wochenenden waren wir unterwegs auf Wettkämpfen. Auch wenn ich jetzt daran denke, war es damals eine sehr schöne Zeit.
KJ: In Deinen ersten Erinnerungen war Rudern also vor allem Spaß?
TL: Richtig, ich hatte eine schöne Zeit beim Rudern und habe das Training genossen. Als Kinderruderer und Junior trainierten wir sechs Tage in der Woche. Montags war immer frei. Aber ich wollte immer runter in den Ruderverein, auch an den freien Tagen haben wir uns dort getroffen und haben Fußball gespielt oder sonst was gemacht. Ich habe nur gute Erinnerungen an den Verein damals.
KJ: Gibt es unter den vielen Siegen, die Du während Deiner Zeit als Leistungssportler errungen hast, Siege, die für Dich in Deiner Erinnerung besonders herausragen?
TL: Mein erster Sieg überhaupt war ein Sieg bei einer Langstrecken Regatta 1975. Ich war damals elf Jahre alt. Es war ein Rennen über 1500m, welches für uns Kinder als Langstrecke galt. Es war mein erstes Rennen und ich habe gewonnen. An dieses erste Rennen erinnere ich mich noch ganz genau und sehr gerne. Es bedeutete mir sehr viel! Von den späteren Siegen ist mir dann der erste Olympiasieg im Einer 1988 in Seoul der Wichtigste.
KJ: Warum genau dieser? Kannst Du ein bisschen mehr über Deinen Olympiasieg 1988 erzählen.
TL: Gerne, nach der Juniorzeit war ich zunächst erfolgreich im Doppelzweier gewesen. 1986 habe ich ein Jahr pausieren müssen. Nach diesem Jahr bin ich dann 1987 in den Einer gestiegen. Ich habe in dem Jahr etwas überraschend gleich die Weltmeisterschaft im Einer gewinnen können. Auch dieser Sieg bedeutete natürlich sehr viel, war er doch eine Einleitung zum Olympiasieg 1988. Sehr wertvoll ist mir mein Olympiasieg 1988 aber auch, weil ich dafür so unglaublich hart und viel gearbeitet habe, sich der ganze Aufwand sich aber letztlich bezahlt gemacht hat.
Zusätzlich dazu hatte ein Olympiasieg auch einen hohen Stellenwert im Sportkonzept der ehemaligen DDR. Ich stand daher damals sehr im Rampenlicht und es war schon ein unglaubliches Gefühl, wie so viele Menschen um mich herum mit mir diesen Sieg feierten und wieviel es auch für sie bedeutete. Ein Olympiasieg hatte in der Gesellschaft der DDR eine enorm große Bedeutung.
KJ: Oft haben Sportler während ihrer Karriere Hochs und Tiefs. Gibt es neben den großen Erfolgen während Deiner Karriere auch Tiefs? Gibt es Erfahrungen, die es Dir schwer machen auf Deine Laufbahn als Sportler zurück zu blicken?
TL: Rückblickend betrachtet war es für mich oft sehr schwer, Sport und Studium unter einen Hut zu bringen. Trainingsplan und Studium waren meistens nur sehr schwer zu koordinieren. Es fiel mir oftmals schwer mich zu entscheiden. Ich war außerdem bereits verheiratet und hatte Frau und Familie, es war daher schwierig auch die Familie nicht zu vernachlässigen.
Ich habe mich dazu entschieden, mich immer einer Sache zu einen Zeitpunkt voll zu widmen. Es war natürlich schwer zu sagen okay, jetzt konzentriere ich mich nur darauf, auch wenn dafür alles andere vernachlässigt wird. Aus diesem Grund habe ich 1990 und 1994 auch nicht trainiert und mich nur mit meinem Studium zu befasst. 1994 habe ich das ganze Jahr nicht trainiert und bin keine Rennen gerudert, 1990 bin ich im Frühjahr keine Rennen gefahren und erst im Herbst in die Saison eingestiegen. (1990 war die WM in Australien erst im November. Thomas Lange wurde im Doppelzweier Vizeweltmeister. Anm. d. Red.) Es gab allerdings auch Zeiten, in denen ich mich ausschließlich auf das Rudern konzentriert habe und nicht studiert habe. Die richtige Mischung zu finden zwischen Studium, Sport und Familie war allerdings nie sehr leicht!
KJ: Welche Ratschläge würdest Du heute jungen Ruderern auf den Weg geben, um im Rudern erfolgreich sein zu können?
TL: Sie sollten sich entscheiden, ob sie viel Zeit in das Rudern zu investieren wollen. Wenn sie sich dafür entscheiden, dann sollten sie sich nur auf das Rudern konzentrieren. Wenn sie wirklich erfolgreich sein wollen, dann dürfen sie nicht halbherzig trainieren, sondern sollten soviel trainieren wie möglich. Wenn ein Ruderer oder Ruderin international Spitze sein will, dann geht das nur mit einem 100%-igen Engagement. Nur mal ein bisschen was zu machen und dann zu sehen, wie es läuft ist nicht genug. Ernsthaftes Training, besonders im Elitebereich, braucht sehr viel Zeit. Wenn es trotzdem nicht funktioniert, dann kann man seine Pläne ändern und sagen, okay, ich sehe, dass es nicht funktioniert, nun konzentriere ich mich auf Studium oder Beruf und rudere nur noch etwas nebenher. Dagegen so an die Sache heran zu gehen und zu sagen ich will Weltmeister werden, mal sehen, wie es so läuft ist sicher nicht der richtige Weg!
KJ: Bist Du eigentlich noch aktiv im Sport?
TL: Ja, ich rudere auch noch ein bisschen. Ich bin einige male in der Woche auch auf dem Wasser, meistens im Doppelzweier, manchmal auch im Gigvierer, nur sehr selten noch im Einer. Das Wichtigste ist mir allerdings ein bisschen was zu tun und auf dem Wasser zu sein.
KJ: Wie ist es denn, wenn man nach so vielen Jahren Wettkampfsport heute auf dem Wasser ist?
TL: Ich genieße das Rudern heute immer noch so sehr wie früher als Leistungssportler. Natürlich strenge ich mich auch heute noch beim Rudern an, aber es ist für mich wie früher auch immer noch auch unglaublich entspannend zu rudern. Ich freue mich auch heute immer noch aufŽs Rudern.
KJ: Thomas, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview wurde von Kathryn Jäger geführt und ist aus dem Englischen übersetzt.