Laudatio zum 85.Geburtstag von Dr. Alfred Block

Liebe Festversammlung,

wir haben heute wahrlich Grund zum feiern.
– der RRC hat einen schmucken neuen Achter
– unser Ehrenvorsitzender wird 85 Jahre alt

Lieber Alfred, heute ist Dein Ehrentag. Aber ich weiß nicht ganz, was Dir wichtiger ist, daß Du heute Geburtstag hast, oder daß Dein Club ein neues Boot hat. Du hast Dich in mehr als der Hälfte Deiner Lebensjahre so viel für den Club eingesetzt, daß nie ganz klar war, ob Du hier oder in der Ziethener Straße Zuhause warst. Aber jetzt herrscht ja Klarheit: der “Dr. Alfred Block” bleibt sieben Tage in der Woche im Bootshaus – – – auf dem Holm. Wie schön, daß da Frau Block auch noch einen Alfred mit nach Hause nehmen kann.
Wenn ich nun in meiner Laudatio 85 Jahre Revue passieren lasse, dann ist diese Verquickung von Bootshaus und Zuhause nur für die ersten 35 Jahre nicht da. Du wurdest heute vor 85 Jahren in Klosterhäseler bei Naumburg an der Saale geboren, gingst da zur Schule und machtest dort 1934 Dein Abitur. Du studiertest in München, Freiburg i.Br und Kiel Biologie, Sport und Geographie und machtest 1939 in Kiel das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. Wer 1939 mit dem Studium fertig war, ging erst einmal fünf Jahre zu den Soldaten, Du zur Luftwaffe, von 1941 -45 als Fluglehrer an der Flieger- Technischen Vorschule Leipzig – Taucha. Der Einschulungsjahrgang 41, den Du als Zugführer von 41 – 44 betreut hast, hängt heute noch an ihrem Lehrer und lobt bei den Jahrgangstreffen der M-Boys (Militärschüler) Deine damals schon gezeigte überlegene Menschenführung. In dieser Zeit in Leipzig hast Du “nebenbei”, nämlich neben der Dienstzeit, in Nachtarbeit bei Prof. Altrock an der Universität Leipzig promoviert. Nach der Kriegsgefangenschaft kamst Du 1947 in die Referendarsausbildung nach Kiel und – für ein Semester ans Alumnat der Lauenburgischen Gelehrtenschule abkommandiert – im Sommer 1949 zum ersten mal mit der Ruderei in Ratzeburg zusammen. Ich war übrigens einer der Anfänger in der Ruderriege, denen Du das Einmaleins des Ruderns beigebracht hast. 1950 holte der ruderbegeisterte Schulleiter Adolf Tredup Dich dann als Assessor wieder nach Ratzeburg. 1953 war ein ereignisreiches Jahr: Du wurdest zum Studienrat befördert und hattest damit eine Dauerstelle in Ratzeburg, der Ratzeburger Ruderclub wurde am 20.März gegründet und Du sein erster Vorsitzender und acht Tage später hast Du geheiratet. Da müssen wir Frau Block natürlich heute fragen: Wußten Sie am 27.3. 53, daß der Alfred schon verheiratet war? Nehmen wir einmal an, das Ihnen dies erst später klar wurde. Das Wachstum der einen Ehe kann ich schnell erzählen: Es kamen zwei Kinder und inzwischen fünf Enkel dazu ..
Die andere enge Beziehung beschäftigt uns nun länger. Das mit der heimlichen Doppelehe hast Du übrigens elegant gelöst, mit Diplomatie, die ja Deine Stärke ist. 1956 tritt Frau Renate Block als ordentliches Mitglied mit der Nummer 166 in den RRC ein und wird bald zu einem Aktivposten in der Damenriege und zu einer tragenden Person im Clubleben. Da sie nun beide den RRC tragen, möchte ich das Verhältnis zum Club nun so bezeichnen, daß sie ein Patenkind haben, um dessen Gedeihen sich beide immens bemühen.
Schon die Geburt des nachmaligen Patenkindes ist ungewöhnlich. Im Embryonalstadium heißt der RRC “Ruderriege der Lauenburgischen Gelehrtenschule”. Hier übernimmt 1948 ein junger Lehrer als Protektor die Ruderriege, sein Name Karl Adam. Er hat unkonventionelle Ideen zur Veränderung des Rudertrainings. Die hier aufzuführen, hieße Eulen nach Athen tragen. Der Beweis für die Richtigkeit seiner Ideen waren Regattasiege. Zunächst konnten die nur in Schülerrennen im Gig-Vierer m. Stm. herausgefahren werden. Die erste Rennmannschaft bildeten: Klaus von Fersen, Klaus Marggraf, Walter Schröder, Wilfried Wegener, Stm. Manfred Paulsen. Sie fuhren dank des ADAM- Trainings vorne weg. Nach dem Zieldurchgang war uns das traditionelle: Wir danken dem tapferen Gegner mit einem dreifachen “Hipp- hipp – hurra” zu langweilig. Klaus von Fersen hatte damals noch den Kopf voll von Karl-May-Geschichten. Daher stammt das “Allah – zerhack’ ihn! – Mohammed – begrab’ ihn!” So entstand der Schlachtruf, den später unsere Gegner fürchten lernten. Nach einigen Siegen im Jahr 1950 auf den internen Regatten in Lübeck wurde dieser Vierer 1951 als erste Ratzeburger Mannschaft auf einer Offenen Regatta des DRV, auf der Schüler- und Jugendregatta in Kiel, gemeldet. Wir fuhren mit 3. 3 0 min auf 1 000m die beste Zeit aller Gigrennen und gewannen mit 2 Längen. Der Sieg wurde uns nach Protest von Plön aberkannt. Unser Protektor hatte uns richtig im Schüler- Rennen gemeldet, aber alternativ im Jugendrennen. Das Schülerrennen kam nicht zustande, die Regattaleitung setze unsere Mannschaft im Jugendrennen dazu, unser Schlagmann war aber schon 19, er durfte nur in Schüler- oder Männerrennen starten. Einen Monat später starteten wir auf der Rendsburger Regatta im “2.Senior Gig-Vierer m. Stm.” (also bei den Männern mit Überspringen der Jungmann- und Junior-Klasse). Die ausgewachsenen Männer in den Nachbarbooten belächelten die kleinen Schüler. Wir fuhren die Tagesbestzeit in den Gig-Vierern und gewannen. Wir durften unsere Radaddelchen diesmal behalten. Fünf Wochen später wollten wir auf der Lübecker Schüler- und Jugend-Regatta melden. Wir durften nicht starten, weil wir schon im Männer- Rennen gewonnen hatten. Wir hatten uns im Gestrüpp der Paragraphen der AWB verheddert. Das Aus für dieseMannschaft hatte zwei gute Folgen: als nächster Schüler-Vierer folgte der “Reiser-Vierer” und dann der “Lange Vierer”.Im “Langen Vierer” saß ein gewisser Gerhard Groh, der u.a.1953 auf der Rendsburger Ruder- Regatta den Zweiten Schüler-Gig-Vierer m. Stm. in der 2. Abteilung gewinnen konnte und 1956 aus der Ruderriege der Lauenburgischen Gelehrtenschule mit der Mitgliedsnummer 132 in den Club kam. Hätten diese Vierer nicht unsere Erfahrungen zum Melden von Schüler- Rennen gehabt, und hätten ihre Radaddelchen immer wieder abgeben müssen, hätten wir heute vielleicht nur halb so viel zu feiern gehabt.
Die zweite Folge, daß unsere Mannschaft sich ins Abseits gemeldet hatte, war, daß wir 1952 ohne Startmöglichkeit waren. In der Mannschaft saß auch Klaus von Fersen. Nun hatte die Ruderriege glücklicherweise im Frühjahr Zuwachs im Bootspark bekommen: ein KLINKerskiff mit dem Namen “Mohammed” (ein Renngig-Einer, wie er im Originalaussehen jetzt wieder in der Halle liegt). Auf Drängen von Karl Adam von unserm Direktor Adolf Tredup gegen alle Vorschriften zur Beschaffung von Rudergerät für Schüler angeschafft, haben wir das Skiff fleißig genutzt, Übungsfahrten gingen häufig nach Rothenhusen, gelegentlich auch bis Lübeck und bei fast jedem Wetter. Der Prophet Mohammed kündigte den “Allah” an. Dies Boot kam im Herbst als erstes Rennboot dazu. Er wurde ebenfalls viel gefahren, am besten von Klaus(von Fersen). Er durfte als Gast bei der Internen der Lübecker Ruder-Gesellschaft bei den Clubmeisterschaften im Einer mitfahren. Die LRG wurde damals vom Toptrainer des Nordens, Wolfgang Freyeisen, dem Trainer des Olympiasiegers 1936 im Vierer o. Stm., betreut. Sein bester Fahrer, Dieter Dierks, wird von dem unbekannten Schüler auf 800 m mit drei Längen geschlagen. Die erste kleine Sensation.
Nun gibt es 1953 in Ratzeburg ein Rennskiff, offensichtlich ein Rudertalent aber keine Startmöglichkeit auf offenen Regatten. Es mußte ein Ruderclub gegründet werden. Die Gründungversammlung fand am 20.3.53 im Hotel “Stadt Hamburg” statt. Es muß eine glückliche Stunde gewesen sein. Unter den 28 Gründungsmitgliedern waren: Karl Adam, dessen geniale Trainingskonzeptionen nun in einem Club ohne Schranken der Tradition umgesetzt werden konnten, Oberstudiendirektor Adolf Tredup, der als Schulleiter Brücken baute, so daß der neue Club zunächst im Schülerbootshaus mit den Booten der Schüler-Ruderriege starten konnte, und der später dafür sorgen mußte, daß Schüler und Lehrer doch häufig schon am Freitag schulfrei zum Besuch von Regatten und Meisterschaften kriegten, Landrat Gerhard Wandschneider, der manche Hilfe vom Kreis organisierte, und Dr. Alfred Block, der zum ersten Vorsitzenden des Clubs gewählt wurde und dieses Amt 25 Jahre mit einem unglaublichen Einsatz und Organisationstalent ausfüllte.
Unter der Amtlichen Bekanntmachung 299/57 erscheint mit dem Datum vom 26.6.53 im “Rudersport” die Aufnahme des RRC in den DRV. Zu diesem Zeitpunkt hatte Klaus (von Fersen) schon für Aufregung auf den Rennplätzen gesorgt. Zu Pfingsten gewann er auf der Großen Lübecker Regatta den Jungmann – Einer mit 7 Längen Vorsprung. Zwei Wochen später wurde er auf der Kieler Regatta im Jungmann – Einer und Senior – Einer gemeldet. Er gewinnt den Jungmann – Einer mit 12 Längen und den Senior – Einer mit 2 1/2 Längen. In der Clubzeitung Nr. 1 (1957) nennt Karl Adam das Ergebnis den “ersten großen Knall”, denn er besiegt Henry Lewerenz vom Lübecker Ruder Klub, den Sieger von Lübeck, Bremen und Berlin im 1. Einer. Wiederum 2 Wochen darauf trifft Klaus im 1. Senior – Einer auf der Hamburger Regatta auf die gesamte deutsche Einerfahrerelite und verpaßt den Sieg um drei Zehntelsekunden nur, weil er irrtümlich 2 Schläge zu früh aufhört zu rudern. Die Fachpresse reagiert auf diese Erfolge für uns überraschend: “Wie schnell würde dieses junge Rudertalent erst sein, wenn er bei einem richtigen Trainer in einem richtigen Verein rudern würde.” Diese Kritik erzeugte bei uns Trainingsleuten und beim Trainer, die Einstellung. “Den Klugscheißern werden wir’s mal zeigen!”.
Unser Jubilar könnte sich aus diesem Jahr auch an Erfahrungen im Rennrudern erinnern.
Jedenfalls erzählte Paul Abel, Vorsitzender und später Ehrenvorsitzender im Möllner Ruder Club immer gern, daß er auf der Ratzeburger Internen im Vorstands- Gig-Vierer m. Stm. Gegen Alfred Block und Karl Adam im Nachbarboot gefahren war.
Weil die Erinnerung an die ersten Jahre im Leben eines Kindes – also auch eines Patenkindes – am schönsten sind, verweilen wir dort noch. 1954 kam Manfred Rulffs, unser “Gammel”, als talentierter Trainingsmann dazu, gewann auch den Jungmann – Einer und den Zweiten – Senior – Einer auf der Hamburger Regatta, aber durch eine Verkettung von Krankheitsfällen gab es keine neuen Überraschungen. Es kam aber ein zweiter Renneiner “Artemis” zum “Allah”, so daß die beiden nun nicht mehr nacheinander im gleichen Boot trainieren mußten. 1955 kam der Doppelzweier “Ares” zur Flotte. Mit den nun drei vorhandenen Booten gewannen die beiden Skuller die Ersten Senior – Einer und Doppelzweier in Lübeck, Mannheim, Hamburg, Duisburg, und die Deutsche Meisterschaft in beiden Bootsgattungen in Berlin – Grünau. Bei den Europameisterschaften in Gent kommt unser Doppelzweier ins Semifinale, gewinnt zwar den Lauf, wird aber wegen Verlassens der Bahn disqualifiziert. Die Fachpresse prägt den Begriff von den “Naturburschen” aus Ratzeburg.
Und 1955 geschieht noch etwas: Wir erhalten ein eigenes Bootshaus. Der 1.Bauabschnitt mit Bootshalle und Umkleideräumen wird eingeweiht. Die ersten beiden Deutschen Meisterschaften wurden also in einem Bootsschuppen ohne Dusche (und Klo) heraustrainiert.
Aber nun haben wir ein Zuhause am Küchensee, sogar mit warmen Duschen. “Viele Wege ebnete auf Kreis- und Landesebene “Herzog Gerhard” (korrekter Landrat Gerhard Wandschneider) unser Vorstandsmitglied” heißt es in einer früheren Festschrift. Es sollte aber hier auch der Aufwand und das Verhandlungsgeschick des damaligen Vorsitzenden, Alfred Block, angeführt werden.
Im Ruderjahr 1956 findet unser Meister – Doppelzweier in Schneider/Hipper (Gießen/Konstanz)seinen Bezwinger und erreicht bei den deutschen Meisterschaften nur den zweiten Platz.
Klaus von Fersen wird aber wieder Meister von Deutschland im Einer, erreicht bei den Europameisterschaften in Bled eine Silbermedaille und damit die Fahrkarte zu den Olympischen Spielen in Melbourne. Drei Jahre nach der Gründung hat der RRC einen Olympiateilnehmer. Klaus erreicht den Zwischenlauf auf dem Wendouree-See in Ballarat, scheidet aber bei starkem Gegenwind als “Leichtgewicht” hier aus. In der Fachpresse hat man sich an schnelle Skuller aus Ratzeburg gewöhnt.
1957 verläßt Klaus von Fersen aus beruflichen Gründen Ratzeburg und startet fortan für Germania Düsseldorf. Die Ruderkonkurrenz wittert das Ende des “Ratzeburger Spuks”. Es kommt anders. Die Ratzeburger gewinnen einige Skullrennen mit den drei Senioren Rulffs, Schröder, Lenk. Bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften auf der Alster gewinnen Rulffs/Schröder u.a. das Rennen im Zweier o. Stm. in einem Leihboot, das sie erst eine Dreiviertelstunde vor dem Start erproben können. Wir saßen aber überhaupt zum ersten Mal in einem Zweier o. Stm., ein Fußsteuer hatten wir noch nie gesehen. Den Zusammenhang von Fußdrehung und Kurshalten kriegte Manfred beim Warmfahren auf dem Weg zum Start geklärt. Ein guter Einerfahrer ist in jeder Bootsgattung einzusetzen, war ein Element von Adams Trainingsphilosophie.
Karl Adam hatte bei den Regattabesuchen erkannt, daß nach dem Rücktritt des Zweiers Sauermilch/Heß das “Loch” bei den Meisterschaften im Zweier o. Stm. zu suchen sei. In kürzester Zeit baute die Bootswerft Wilhelm Karlisch unsern alten Doppelzweier “Ares” zum Zweier o. Stm um. Wir konnten nun im Zweier trainieren und fuhren einige “Einstellzeiten” auf unserer Hausstrecke. Die Hochrechnung zeigte, daß es Chancen für das Meisterschaftsrennen gab. Bei den letzten gesamtdeutschen Meisterschaften im Rudern auf der Olympiastrecke in Berlin – Grünau fuhren wir unser zweites Rennen, aber wir gewannen, wenn auch erst nach einem Fehlstart und einem Rennabbruch bei 1500 m. Wir hatten die Fahrkarte für die Europameisterschaften in Duisburg. Unser drittes Rennen war der Vorlauf bei den Europameisterschaften mit einem dritten Platz, im folgenden Hoffnungslauf folgt ein erster Platz. Wir mußten hier den amtierenden Europameister UDSSR eliminieren. Im Endlauf erreichen wir den vierten Platz. Der Kommentar der Fachpresse: es war der technisch schlechteste Zweier, der den DRV je bei Europameisterschaften vertreten hat. Die Ergänzung von Karl Adam: aber es war die beste Plazierung, die ein deutscher Zweier o. Stm nach dem Kriege in einem Endlauf bei einer Europameisterschaft erreicht hat.
“Den Klugschreibern wollen wir es dann mal wieder zeigen!” war die Devise für 1958 und der Rartzeburger RC landet die ganz große Überraschung: er wurde Deutscher Meister im Achter. Der Trainer hatte folgende Voraussetzungen: kein Boot dieser Größe und zur “Auswahl” bei den Trainingsleuten 3 Senioren und 5 junge Männer, die im letzten Jahr noch in der Jugendklasse gestartet waren, da allerdings auch Jugendbeste geworden waren. Der erste Start im Achter war auf der Int. Regatta in Berlin – Gatow. Wir waren im 1.Senior-Achter gemeldet und fuhren nach einmal Kurztraining im Leiboot auf den zweiten Platz, 1,3 sec hinter RaW, Trainer Hannemanns Favoritenmannschaft für die Deutschen Meisterschaften. Schon eine Woche später starteten wir in Mainz. Um Startgelder zu sparen, fuhren wir am Sonnabend den 2. Senior-Achter. Als wir am Freitag abend mit VW – Bus und Hänger in Mainz ankamen mußten wir unser Leihboot in der beginnenden Dämmerung einfahren. Wir erwischten, in der freigegebenen Regattastrecke fahrend, mit den Steuerbordauslegern einen Eisenpoller, den die Werft in der Bahn vergessen hatte: Untergang und Totalschaden. Dennoch liehen uns die Mainzer am nächsten Tag einen anderen (besseren) Achter und wir gewannen den Zweiten Senior- Achter. So durften wir am Sonntag als “Aufsteiger” im Ersten Achter starten. Neben uns lag der hervorragend besetzte Achter von Wiesbaden – Biebrich im Mannschaftsgewicht mit 80 kg überlegen und mit den Olympischen Silbermedaillengewinnern Arndt (1956) und Heinold (1952) an Bord. Wir gehen mit hoher Schlagzahl vom Start weg in Führung und bauen diese bis zum Ziel auf drei Längen aus. Als durch die Streckenreportage die Führung von Ratzeburg durchgesagt wird, taucht auf der Tribüne die berühmte Frage auf: “Ratzeburg – wo liegt das eigentlich?”- Und es folgt die Antwort von Joseph (Seppl) Schneider, dem legendären Meisteruderer von Amicitia Mannheim: ” Das seht ihr doch – drei Längen vor Wiesbaden!” (dies ist die Originalversion, ich habe bei den Recherchen ein halbes Dutzend Varianten gelesen). Der nächste Start des Achters war bei den Deutschen Meisterschaften, immer noch in einem Leihboot, das wir jetzt aber auch für das vorbereitende Training durch Vermittlung vom DRV – Präsidenten Dr. Wülfing vom Hannoverschen Ruder Club geliehen bekamen. Wir gewannen zur Überraschung der Experten, auch wenn Lenk/Rulffs schon vorher den Vierer o. Stm. in Renngemeinschaft mit der Ditmarsia Kiel gefahren und gewonnen hatten.
Die Ruderexperten waren reichlich verwirrt, was sich da in Ratzeburg an Revolution der Trainingsmethoden getan hatte, und nach ihrer Meinung “im Skullen vielleicht ging” (bis 1956) und “im Kleinboot wohl möglich sei” (bis 1957), hatte nun auch zum Sieg im Achter gereicht.
Wir mußten eine Woche später noch die Ausscheidungsrennen gegen die Ruderer des Deutschen Rudersportverbandes fahren. Wir gewannen im Vierer o. Stm. und im Achter. Bei den Europameisterschaften in Posen gewann der Vierer o. Stm. und der Achter belegte im Endlauf einen fünften Platz. Wir kamen zu der Erkenntnis: im internationalen Konzert der Achter werden wir einfach als “zu leicht befunden”. Neben den enormen Anstrengungen, die unser Vorsitzender wieder machen mußte, um die Gelder für dieses Regattajahr zusammenzubringen, muß ich aber unseren Jubilar noch als aktiven Ruderer ins Gespräch bringen. In der Clubzeitung Nr. 3 vom Ruderjahr 1958 berichtet Horst Domke über eine Wanderfahrt von Trier nach Koblenz, gestartet am Tag nach der Ratzeburger Regatta mit der Besatzung: Alfred Block, Walter Sabin, Hermann Neumann, Dieter Martinsen, Horst Domke.
Lieber Alfred, Dein Patenkind wächst immer noch und immer schneller. Im Jahr 1959 ist der Durchbruch für die Ratzeburger Trainingsmethoden auf nationaler Ebene geschafft. Viele Rudergäste finden sich zum Wochenende in unserm Ruderrevier ein und wollen von unsern Erfahrungen profitieren. Karl Adam unterstützt die Mannschaften. Die im Vierer o. Stm. gestartete Renn- und Trainingsgemeinschaft mit der Ditmarsia Kiel wird auf den Achter ausgedehnt, dadurch erhalten wir die nötige Gewichtsvermehrung im Boot. Der Achter gewinnt nach einigen Regattasiegen die Deutsche Meisterschaft, das Ausscheidungsrennen und die Europameisterschaft in Macon. Im Endlauf sind im Ziel 9,3 sec zwischen uns und dem zweiten Boot aus der CSSR, das sind drei Längen. Eine echte Überraschung liefern aber Kruse/Kliefoth im Zweier o. Stm. Als die Stärksten aus dem Rest des Achters von 58 sind “Igel” und Ingo in den Zweier o. Stm. umgestiegen, haben die Deutsche Meisterschaft und die Ausscheidung gewonnen und wachsen in Macon über sich hinaus und gewinnen in einem packenden Rennen den Endlauf. Die Ratzeburger Trainingsmethoden erregen nun auch internationales Aufsehen. Mit den Erfolgen wachsen die Ausgaben des Clubs, und sicher die Sorgen des Vorsitzenden. Der Kassenwart stellt um diese Zeit in einer Clubzeitung fest: “Die Ausgaben des Vereins übersteigen sein Beitragsaufkommen um mehr als das Zehnfache.” Im Rückblick zum zehnjährigen Bestehen des RRC bemerkt Karl Adam. “Dann war da ein gewisser Alfred Block, der von Anfang an die materiellen Voraussetzungen schaffte, was ihm den Namen “Dukatenspucker” einbrachte. Wie er das eigentlich gemacht hat, ist mir immer ein Rätsel geblieben.” Wir lüften von dem Rätsel vielleicht einen kleinen Zipfel, wenn ich auf die Männer verweise, die Du, lieber Alfred, immer wieder für die Ruderei gewinnen konntest und die als echte Mäzene immer wieder halfen: Dr. Erich Henschel- wie viele Boote schwammen bis heute auf dem Küchensee, die durch Namen aus der Familie an den Spender erinnerten? – später dann Alexander Kückens, in dessen Achterspende ich zum Olympiasieg fahren konnte, Werner Rautenberg und weitere. Konsul Leonhard Ehrlich startete nach den Europameisterschaften 1959 eine Spendenkampagne über die “Lübecker Nachrichten” wobei er mit einer namhaften Summe vorpreschte und über die “Aktion Olympia Ratzeburger Ruderclub” insgesamt 24 OOO,-DM einbrachte, woraus Boote angeschafft wurden, so daß der RRC im Olympiajahr 1960 insgesamt neun Boote taufen konnte und somit der Bootspark die Anforderungen aus Training und Regatta abdecken konnte.
Ich zeige jetzt nur noch die großen Ereignisse auf. Es folgte 1960 der Olympiasieg des Rgm-Achters Ratzeburger Ruderclub/Ditmarsia Kiel auf dem Lago Albano bei Rom. Der Deutsche Ruder-Verband gewinnt zum ersten Mal olympisches Gold im Achter. Alle Beteiligten sind wohl glücklich und zufrieden, am glücklichsten aber wohl der Präsident des DRV, Dr. Walter Wülfing, der unsern Achter von Anfang an gefördert hatte und zurecht den Ehrentitel “Dr. Ratzeburg” trug. Die Achtermannschaft trat danach – nachdem sie 1961 noch ein Einladungsrennen auf dem Toda-Kurs in Tokio fuhr – ungeschlagen ab. Für die Durchschlagskraft der in Ratzeburg entwickelten Trainingsmethoden ist das Ergebnis der Deutschen Meisterschaften 1960 aufschlußreich. Von den Ruderern, die auf dem Küchensee ihr Training absolvierten, wurden gewonnen: der Achter, der Vierer m. Stm., der Vierer o. Stm., der Doppelzweier und der Zweier o. Stm., wenn man den Einer, durch von Fersen gewonnen, der jetzt für ETUF Essen startete, auch noch zur Ratzeburger Trainingsschule zählen darf, dann wurden sechs der damals sieben olympischen Bootsgattungen von Karl Adams Trainingsgruppe besetzt. Die einst von den Experten belächelte Methode hatte sich im DRV durchgesetzt dank des guten Trainingsklimas und der guten Wachstumsbedingungen, die im Ratzeburger Ruderclub geschaffen worden waren.
Bei den ersten Weltmeisterschaften 1962 auf dem Rotsee in Luzern, werden von den Mannschaften des DRV fünf von den sieben olympischen Bootsgattungen gewonnen, hinzu kommt noch eine Bronzemedaille im Doppelzweier. Der Achter wird vom Ratzeburger Ruderclub gestellt. Damit hatte die Trainingsmethode, die von Karl Adam hier ersonnen wurde und von dem genialen Organisationstalent Alfred Block mit dem RRC umgesetzt werden konnte Weltgeltung erlangt. Unser Vereinsachter wurde noch 1963 und 64 Europameister und gewann 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio die Silbermedaille. Anzumerken ist noch der Besuch eines Ratzeburger Achters 1963 in den USA, der nach fünf Siegen über die College-Mannschaften auch von Präsident John F. Kennedy im Weißen Haus empfangen wurde.
Am “Deutschlandachter”, der nun als Renngemeinschaft startete, war der RRC bei den Siegen auf den Europameisterschaften 1965 und 67 beteiligt, ebenso bei den Weltmeisterschaften 1966 und bei den Olympischen Spielen 1968. Ab 1966 dominierten aber international die Mannschaften der DDR und damit das Trainingskonzept, das mit hohem wissenschaftlichem Aufwand entwickelt war, mit der Dauermethode im Ausdauerbereich einen für Amateure schwer aufzubringenden zeitlichen Aufwand verlangte und eine perfekte Talentauswahl als Basis hatte. Der Vorsprung, den die Trainingsschule Adam einmal hatte, war aufgebraucht. Der DRV und damit auch Ratzeburg traten ins zweite Glied. (Um so erfreulicher, daß in jüngster Zeit wieder Ratzeburger Ruderer bei internationalen Meisterschaften vorne mitfahren).
Als die Erfolgskurve von Ratzeburger Spitzenruderern Mitte der sechziger Jahre zu sinken begann, wurde ein zweites Standbein der Ruderei in Ratzeburg wichtig, das Du, lieber Alfred, mit Zielstrebigkeit aufgebaut hattest: die Ratzeburger Regatta. 1953 und 54 führten wir eine “Interne” auf einer 1.000 m-Strecke am Kleinbahndamm durch – wir wissen schon, daß Du da auch aktiv warst. 1955 und 56 wurde die Freivereinbarte Regatta schon am Westufer des Küchensees ausgetragen und ab 1957 gab es eine Offene Regatta des DRV auf der 2.000 m-Strecke. Wir hatten mit dem Wetter Pech, denn der Start war eine Sturmregatta. Dennoch entwickelte sich die Offene Ratzeburger Regatta stetig und wurde 1965 zum ersten Mal international ausgetragen, und das gleich mit einem Paukenschlag: im Ersten Achter fand die Revanche für das verlorene Olympische Finalrennen von 1964 gegen die Mannschaft vom Philadelphia Rowing Club statt. Die Schätzungen über die Zuschauerzahlen schwankten zwischen 5.000 und 15 .000. Der Ratzeburger Achter gewann in einem bis zum letzten Schlag spannenden Verlauf das Rennen. Wieder besorgst Du unermüdlich Förderer, die jetzt Sponsoren heißen. Die Nivea-Bälle als Bahnabgrenzung auf den ersten Regatten werden 1966 durch ein Albano-System ersetzt, 1972 wird die Anlage auf 8 Bahnen verbreitert. Wir hatten Schwierigkeiten, beim DRV einen angemessenen Termin für eine Großregatta zu kriegen. Die Regatta mußte sogar ausfallen. Aber sie setzte sich schließlich durch. Vor allem ausländische Gäste kamen zunehmend gern nach Ratzeburg. Mit der Unterbringung kam auf den Club und Dich eine Riesenarbeit zu. Du hast einen guten Regattastab aufgebaut und wiederum mit großem Organisationstalent alle Probleme gemeistert. Der DRV erkennt die Leistung des Ratzeburger Regattastabes durch die Vergabe der Jugendbestenkämpfe (heute Deutsche Jugendmeisterschaften) zusammen mit den Eichkranzrennen (heute Deutsche Meisterschaften U 23) 1966 nach Ratzeburg an. Auch der FISA-Präsident Thomas Keller erkennt die hervorragenden Bedingungen für faire Wettkämpfe auf dem Küchensee. 1967 wird die erste FISA- Junioren-Regatta hier ausgetragen und 1974 das nun so genannte FISA -Junioren-Championat (die heutigen Junioren- Weltmeisterschaften). 1984 kommen die Deutschen Meisterschaften nach Ratzeburg, aber das ist dann schon nach Deiner Amtszeit als Vorsitzender des RRC. Die Ratzeburger Regatta ist heute im internationalen Terminkalender etabliert und trägt den Ruhm unserer Heimatstadt in viele Lande, denn es ist Deinem Regattastab offensichtlich gelungen, mehr als nur eine Internationale Regatta mit großen Teilnehmerzahlen auf die Beine zu stellen. Im Clubheft des Würzburger Ruder-Vereins wird im Bericht von der Ratzeburger Regatta der Begriff “Regatta mit Herz” geprägt.
Als Weiterführung im Aufbau von internationalen Ruderfreundschaften, die Du eingeleitet hast, darf man die seit 1968 regelmäßig stattfindenden Jugendtreffen mit dem Cognac-Yacht-Rowing Club unter seinem Präsidenten James Hennessy werten zu dem später die Kopenhagener Ruderfreunde mit Villy Jörgensen dazukamen.
Dieses alles, lieber Alfred, hast Du mit den vielen Helfern in Deinem Club, dem Du bis 1978 als Erster Vorsitzender vorgestanden hast, geschaffen. Wenn ich die nationalen und internationalen Wirkungen hervorgehoben habe, dann möchte ich nicht übersehen, daß sich nach der Fertigstellung des zweiten Bauabschnittes unseres Bootshauses 1960 mit dem Clubraum und den Räumen der Ökonomie in Deiner Ägide auch ein starkes “normales” Clubleben entwickelt hat mit einer florierenden Nachwuchsarbeit und einer sehr aktiven Damenabteilung, die insbesondere die gesellschaftliche Seite des Clublebens zum Blühen brachte. Dabei war auch Deine Frau eine “Aktivistin” und es kam auf sie noch viel Arbeit durch die Betreuung auswärtiger Gäste hinzu. Dafür dürfen wir heute noch einmal Dank sagen..
Lieber Alfred, der Kreis Herzogtum Lauenburg hat Deine Verdienste erkannt und Dir am 28. 7. 1967 seine Plakette für besondere Verdienste verliehen. Auch die Stadt Ratzeburg erkannte, daß Deine Arbeit für den RRC dem Bekanntheitsgrad unserer Heimatstadt dient und hat Dir am 2. 12.1972 die Plakette für Verdienste um die Stadt Ratzeburg überreicht. Der DRV und die FISA haben Deine Leistung für den Rudersport nicht übersehen können und Dir ihre Plakette für besondere Verdienste ausgehändigt. Am 2.6.78 hat Dir der Bundespräsident Walter Scheel den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschtand 1.Klasse verliehen und damit zurecht zum Ausdruck gebracht, wie hoch Deine Verdienste für die Gemeinschaft einzuschätzen sind.
Nachdem Du dem RRC 25 Jahre als 1.Vorsitzender gedient hattest, hat Dich der Club 1978 zu seinem Ehrenvorsitzenden ernannt und damit das Patenschaftsverhähnis von seiner Seite etwas gelockert, aber nicht aufgehoben. Wir brauchen den Rat unseres Ehrenvorsitzenden noch weiter.
Lieber Alfred, ich habe in meinen Ausführungen einige Stationen in Deinem reichen Leben angeführt, sie hatten fast alle mit dem RRC zu tun. Die ersten Jahre habe ich etwas ausführlicher behandelt, weil doch die Erinnerungen an die Kinderjahre – auch bei Patenkindern – am schönsten sind. Dabei konnte ich aus der großen Zahl Deiner Leistungen nur einige auswählen, sieh es mir nach, wenn ich wichtige übersehen haben sollte. Ich habe einige Personen und Persönlichkeiten angeführt, die Dich auf diesem Weg unterstützt haben, wenn ich wichtige vergessen habe, mögen sie es mir nachsehen.
Ich habe mich über diese Einladung zu Deinem 85. Geburtstag sehr gefreut und hoffe, daß wir uns zum 90. wieder treffen.
Ich schließe meine Ausführungen mit einem
vivatcrescatfloreat,

– es blühe der deutsche Rudersport
– es wachse und gedeihe der Ratzeburger Ruderclub
– es lebe lang und heute hoch unser Alfred Block
mit unserm alten Schlachtruf
ein dreifaches:

Allah – zerhack’ ihn,
Mohammed – begrab’ ihn,

Allah – zerhack’ ihn,
Mohammed – begrab’ ihn,

Allah – zerhack’ ihn,
Mohammed – begrab’ ihn.