Die mittlerweile traditionelle Herbst-Wochenendfahrt führte dieses Jahr an die Havel. Zu viert fuhren wir Freitag Nachmittag in die kleine Hansestadt Havelberg an der Nordspitze Sachsen-Anhalts. Die dortige Ruderriege, beheimatet auf der Spülinsel vis-a-vis der Altstadt, hatte uns für das Wochenende einen Bungalow sowie einen Vierer reserviert und servierte uns (sowie gleichzeitig dort untergebrachten Gruppen vom Ruderverein Barssel und einer Zweitligamannschaft – nein, nicht Fußball, Minigolf!) ein opulentes Frühstück. Nach Klärung der Formalitäten stand ein Spaziergang „Zur güldenen Pfanne“ an. Wie sich herausstellte nicht gerade günstig, aber an Originalität kaum zu überbieten: Fische kommen zur Auswahl in der Plastikwanne an den Tisch, Bier wird gegenüber auf der anderen Straßenseite gezapft, und statt Weinkarte gibt es die Aufforderung, doch selbst im Weinkeller nachzusehen und dabei nebenbei die Spinnweben zu entfernen. Beim nächsten Besuch Reservierung nicht vergessen!
Samstag ruderten wir eine „richtige“ Tagesetappe auf der Havel zunächst stromaufwärts Richtung Südosten – Strömung spielt allerdings auf der Havel keine nennenswerte Rolle. Im kleinen abgelegenen und ursprünglichen Dörfchen Vehlgast konnten wir uns die Beine vertreten, anschließend ging es weiter auf der Havel an der Dossemündung, dem am rechten – nun brandenburgischen – Ufer liegenden Dorf Strodehne sowie der Rhinmündung (Verbindung zum Gülper See) vorbei und weiter auf der Gülper Havel bis zum Nadelwehr Gülp. Die dortige Schleuse war nicht in Betrieb und zudem auch für Ruderer unzumutbar eng, und Umtragen wäre mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen. Daher wurde der Plan, am südlichen Umkehrpunkt eine Rundstrecke zu befahren, geändert. Stattdessen ging es auf gleichem Weg das kurze Stück zurück bis Strodehne, dann links um die Ecke in den Garzer Schleusenkanal und wieder rechts in die alte Havel bis zum Hafen des Dörfchens Garz zum späten Mittagsimbiss. Dieses unter Denkmalschutz stehende ehemals slawische Runddorf mit gerade 150 Einwohnern lohnt auf jeden Fall auch einen kleinen Spaziergang.
Auf dem direkten Rückweg wurde das spätsommerliche Wetter für einen weiteren Stopp in Strodehne zum Abbaden in der Havel genutzt, bevor mit der untergehenden Sonne die Altstadtinsel vor Havelberg umrudert und am Steg der Ruderriege angelegt wurde. Der Abendspaziergang führte an diesem Tag durch die „weltliche“ Altstadt und dann die Domtreppen hinauf zu einem italienischen Restaurant. Nach dem Essen ergab sich noch die Chance, einen kurzen nächtlichen Blick in den romanischen Dom zu werfen und zu erfahren, dass vor gut 300 Jahren in dieser Stadt im Rahmen von Bündnisdiplomatie dem russischen Zaren das Bernsteinzimmer geschenkt wurde.
Am Sonntag folgte dann noch eine kürzere Etappe Richtung Nordwesten – auch diesmal nicht wie geplant als Rundtour über die Elbe, da die große Schifffahrtsschleuse im Elbe-Havel-Schifffahrtskanal für Ruderer nicht zur Verfügung stand. Stattdessen ruderten wir havelabwärts bis zum Wehr Quitzöbel. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten wird man hier wieder über den Gnevsdorfer Vorfluter elbabwärts weiterrudern können. Andererseits bestünde dann auch wieder eine Umtragemöglichkeit, um stromaufwärts auf die Elbe zu wechseln. Wir konnten uns jetzt darauf beschränken, oberhalb des Wehres anzulegen und für eine kurze Pause über den Deich zur Elbe zu spazieren – das wenige Wasser verlor sich geradezu im weiten Flussbett, und gegenüber blickten wir auf die Türme der winzigen Hansestadt Werben – nur 1051 Einwohner, aber 20 bewohnte Storchennester.
Auf dem Rückweg wurde noch ein kurzer Stopp an der Badestelle in Nitzow eingelegt, um im Dorfkrug ein paar Wildbratwürste zu konsumieren, bevor am Nachmittag der Heimweg nach Ratzeburg angetreten wurde. Am Ende sind wir 62 km am letzten Sommerwochenende der Saison unterwegs gewesen, und wir werden sicherlich nochmal zum Rudern nach Havelberg kommen.