Die Saat, die von den engagierten Trainern des Ratzeburger Ruderclubs in den Jugendjahren investiert wurde, trägt auch viele Jahre später noch ihre Früchte. Nicht immer in erster Linie nur gewinnen wollen, sondern die sportliche Bewegung bis ins hohe Lebensalter konservieren, vom Leistungssport zur Breiten- und Gesundheitsbewegung, sollte das langfristige gesteckte Ziel sein. Wobei Siege natürlich der angenehme Nebeneffekt sind. Selbst wenn die älteren aktiven Skuller und Riemer die malerische Inselstadt Ratzeburg und den Ruderclub zwecks Studium und Beruf verlassen müssen, bleibt doch immer noch der Sport als sicherer Halt in der Fremde, den man so viele Jahre, Tag für Tag, ausgeübt hat. In einer völlig neuen Umgebung und Lebenssituation ist der Sport die tägliche, vertraute Gewohnheit, die die Ruderer aus der Heimatstadt mit in die neue Umgebung nehmen können.
So auch geschehen beim 25jährigen Christian Gerstner, der nach Ausbildung zum Bankkaufmann am Ratzeburger Markt, das BWL-Studium an der Marburger Universität aufgenommen hat. Überraschend dann doch für den 1,96m langen Wassersportler, dass es in so einer traditionsreichen Universitätsstadt wie Marburg, keine regelmäßigen Achterausfahrten angeboten wurden, wie es doch in Ratzeburg oft üblich war und auch gerade bei traditionsbewussten Studenten sein sollte. Eigeninitiative war demzufolge gefragt und prompt rief der angehende Akademiker eine Uni-Ruder-Gruppe ins Leben, die sich nicht nur einmal die Woche zum gemeinsamen Sport trifft, sondern auch mit erheblichem Mehraufwand an hartem Training und spannenden Regattabesuchen den nötigen körperlichen Ausgleich für die oftmals zehrenden Theorien, Klausuren und Hausarbeiten holt. Und nach fleißigem Wintertraining konnte der neuformierte Achter um Christian Gerstner, der erst kürzlich sein Vordiplom erfolgreich absolvierte, auch auf nationalen Wettkämpfen erste Erfolge einfahren. Für eine gute Platzierung bei den Hochschulmeisterschaften in Duisburg, gab es schon einmal neu gesponserte Ruder-Einteiler. Und diese wiederum halfen der nicht nur optisch, sondern auch ruderisch homogenen Crew zu einem hervorragenden Sieg im Männer-Achter. Von der lautstarken Steuerfrau überzeugend animiert, ging der Marburger Achter mit Christian Gerstner im Mittelschiff, dem sogenannten Maschinenraum, vom Start weg das munterste Tempo und sah sich gegen die ärgsten Opponenten aus Bremen und Kassel zur Streckenhälfte plötzlich mit einem Bugball in Führung. Da haben wir dann alles auf eine Karte gesetzt und den Trumpf ausgespielt, den wir im Training so oft geübt hatten. Flucht nach vorne und beten das es reicht. Auf den letzen Schlägen haben wir unser Boot dann mit einem hochfrequenten Endspurt jenseits der 40 Schläge pro Minute als erstes über die Ziellinie gerettet und damit schon mal einen echten Sieg errudert, der unserer Truppe weiteren Appetit auf mehr Rennen davon gegeben hat, erzählt der ehemalige Schüler der Lauenburgischen Gelehrtenschule stolz über die gewachsene Mannschaft. Als nächste Projekt steht Mitte August der Internationale Sprint-Cup in Cannes-Mandelieu an, wo auch der weiße Ratzeburger Achter mit einer ambitionierten Truppe um die WM-Teilnehmer Nils Budde und Florian Mennigen an den Start gehen wird. Dann treffen viele Ratzeburger, die alle einmal im RRC diesen eleganten Wassersport erlernt haben, wieder aufeinander und es bleibt abzuwarten, wer seinen neuen Mannschaftskameraden die besten Tricks aus alten Ratzeburger Zeiten vermitteln konnte. Wir können als relativ unerfahrene junge Crew bei so einem Sprintcup nichts verlieren, wir können nur gewinnen, mindestens eine schöne Erinnerung und die Erfahrung dabei gewesen zu sein, freut sich Christian Gerstner auf den Sprintvergleich von über 30 Achtern auf der 450-Meter-Strecke. Und auch die Trainer, allen voran die unsterblichen Ideen des Karl Adam, können zufrieden sein, denn Sportler wie Christian Gerstner sind immer noch dabei und können es nicht lassen.
Von links: Christian Gerstner, Michael Küper, Jan Hendrik Brockmann, Tobias Bosshammer, Christian Schuh, Steuerfrau Hanna Buchenauer, Rudolf Staufer, Reinhard Bauer, Daniel Reichmann