Der Deutschland-Achter wurde zum Partyboot. Nur kurz rangen die bärenstarken Seriensieger nach ihrem Husarenritt in Bled im Zielbereich nach Luft. Mit dem Sieg im WM-Finale über Großbritannien und Kanada entlud sich die Anspannung.
Noch auf dem Weg zum Siegersteg sprang Steuermann Martin Sauer kopfüber in den kühlen Gebirgssee. Beim anschließenden Gang zur Medaillenübergabe schlossen die stolzen Ruderer die ebenfalls erfolgreichen Frauen aus dem deutschen Doppelvierer in die Arme. Der 30. Sieg in Serie versetzte Schlagmann Kristof Wilke ins Schwärmen: «Wir haben eine unglaubliche Power im Boot. Das war eine echte Duftmarke.»
Auf die deutsche Erfolgsstrategie der vergangenen Monate wusste die Konkurrenz auch beim WM-Showdown keine Antwort. Wann immer die Gegner attackierten, konterte der Favorit mit einem beherzten Zwischenspurt und verteidigte seine schon mit den ersten Ruderschlägen erkämpfte Führung. Steuermann Sauer hatte deshalb wenig Mühe, seine Mitstreiter mit einem Vorsprung von einer knappen Bootslänge ins Ziel zu leiten. «In diesem Team muss man niemand antreiben. Die Jungs quälen sich von allein.»
Erstmals seit der legendären Erfolgsära Ende der 80er Jahre gelangen wieder drei WM-Titel in Serie. Damit geht das seit der olympischen Havarie 2008 ungeschlagene Boot mit viel Schiebewind in das Olympia-Jahr. Schließlich ist die Crew ihrem Hauptziel, in London 2012 die Schmach von Peking zu tilgen, ein Stück näher gekommen. «Wir sind ganz oben. Das wollen wir bleiben und es allen anderen im nächsten Jahr wieder zeigen», sagte Trainer Ralf Holtmeyer.
Auch der Erfolgshunger von Steuermann Sauer ist noch lange nicht gestillt. Kaum hatte der Berliner das Siegerpodest verlassen, nahm er die olympische Regatta ins Visier. «Es ist bisher erst zwei Teams gelungen, drei WM-Titel hintereinander zu gewinnen. Beide sind bei Olympia gescheitert. Das darf uns nicht passieren.»
Wenige Minuten zuvor hatte der Frauen-Doppelvierer die Erfolgsspur für den Achter gelegt. Die Crew um Schlagfrau Britta Oppelt wurde ihrer Favoritenrolle gerecht. Souverän verwies sie die Boote aus den USA und Neuseeland auf die Plätze zwei und drei. Es war der erste deutsche WM-Sieg in dieser einstmals traditionell erfolgreichen Bootsklasse seit 2002 und der erste internationale Titel seit der olympischen Regatta 2004 in Athen. Eingehüllt in eine Deutschland-Fahne lauschte das Quartett bei der Siegerehrung der Nationalhymne: «Nach dieser Saison wollten wir unbedingt Gold. Großartig, dass uns das gelungen ist», sagte Oppelt.
Bei aller Freude über zweimal Gold musste die deutsche Flotte jedoch auch Rückschläge hinnehmen. Erneut gaben die Leistungen im weiblichen Riemen-Bereich zu denken: Ein Tag nach dem Frauen-Achter verpasste auch der Zweier ohne Steuerfrau mit einem vierten Platz im B-Finale die Qualifikation für die Olympischen Spiele. Dem leichten Vierer ohne Steuermann droht nach einem fünften Platz im Halbfinale ein ähnliches Schicksal.
Dagegen buchte der Männer-Doppelzweier mit einem Halbfinalsieg die Tickets für London. Damit sind dem DRV bisher erst drei olympische Startplätze in den 14 Wettkampfklassen sicher. Eine Bronze-Medaille im nichtolympischen Bereich gewann der leichte Zweier ohne Steuermann.
Die WM- und Olympia-Siege des Deutschland-Achters im Überblick:
Jahr Wettbewerb
1960 Olympische Spiele in Rom
1962 Weltmeisterschaft in Luzern
1966 Weltmeisterschaft in Bled
1968 Olympische Spiele in Mexiko-Stadt
1988 Olympische Spiele in Seoul
1989 Weltmeisterschaft in Bled
1990 Weltmeisterschaft in Australien
1991 Weltmeisterschaft in Wien
1993 Weltmeisterschaft in Roudnice
1995 Weltmeisterschaft in Tampere
2006 Weltmeisterschaft in Eton
2009 Weltmeisterschaft in Posen
2010 Weltmeisterschaft in Lake Karapiro
2011 Weltmeisterschaft in Bled