Wanderfahrt zu den Trollen 07. – 15. Juli 2018

Wie auch letztes Jahr – den Lot entlang in Südwestfrankreich-  nahm
auch diesmal unser Reiseabenteuer seinen Anfang im
Schleswig-Holsteinischen Ratzeburg. Wir, das sind Martina, Katja, Uschi
und Sven.

Besatzung vor dem zweiten Rudertag

Dank Sven, unserem dort ansässigen Fahrtenleiter, und dem Ratzeburger
Ruderverein konnten wir den vereinseigenen komfortablen Mercedesbus  samt
Boot „Horst Domke“ und -anhänger ausleihen und bereits in der Nacht vom
Freitag, den 6. Juli auf Samstag die Fahrt über Dänemark Richtung
Schweden antreten. Nachdem wir zuvor einen Großeinkauf an Lebensmitteln
vor Ort erledigt hatten, denn, anders als im Gourmetland Frankreich,
erwartete uns in Schweden auf der vorgesehenen Tour eher pure Wildnis
und nur dünne Besiedelung,  mit wenigen  Versorgungsmöglichkeiten mit dem Nötigsten.
Unser Ziel: der Dalsland-Kanal, eine Fjord- und Seenlandschaft 150 Km
nördlich von Göteborg. Kanal klingt sehr irreführend, denken wir zum
Beispiel an die sich oft eintönig und hinziehenden Kanäle in unserem
Ruderrevier, mit befestigten, begradigten Ufern. Nein, dieser
Dalsland-Kanal mit seinen zahlreichen Inseln und Inselchen, mal
schmäleren Gewässerläufen, mal weitläufigen Seen, ist noch sehr
naturwüchsig und nur durch diverse Schleusen durch menschliche Eingriffe
„zivilisiert“.
         Start in Ed, Südende Stora Le, und dann nordwärts über Stora Le, mit einem kleinen Abstecher nach Norwegen, bis zu einem  –
im vorgegebenen Zeitraum – maximal nördlichen Ziel in dieser schier
unübersehbaren Wasserlandschaft. Um sich dann durch die vielen
Wasserstraßen und –sträßchen wieder Richtung Süden/Südosten zu bewegen.
Ohne eine entsprechende Wasserkarte würde man sich hier unweigerlich
verirren. Festgelegt war die Route nicht. Es gab die Alternative, viele
zeitraubende Schleusen passieren zu müssen oder über andere Wasserläufe
zu rudern, die Umtragen erforderlich machten.  Die
einhellige Meinung: Wanderrudern wörtlich zu nehmen und dann halt auch
mal Wandern mit Boot in Kauf zu nehmen (noch unwissend, was damit auf
uns zukommen würde).

Der Plan war, so zeitig in Ed anzukommen, dass wir am Ankunftstag
(Samstag) bereits „Wasser fassen“ konnten, also eine erste Ruderstrecke
bewältigen. Daher die zeitliche Kalkulation Autofahrt, mitternächtliches
Übersetzen mit Fähre von Dänemark nach Schweden, damit wir uns in Ed
„einschiffen“, dort auf einem bewachten Parkplatz den Bus abstellen und
mit allem Gepäck die Reise in unserem gesteuerten Dreier antreten
konnten. Am Ende unserer Fahrt sollten sich dann zwei von uns über Land
irgendwie durchschlagen um nach Ed zu kommen und den Bus zu holen. Zum
irgendwo angelandeten Boot und den zwei anderen dort Verbliebenen.

Nun könnte eine Streckenbeschreibung folgen, etwa so: Skottön über
Stora Le bis Sandstrand östlich querab Insel Guppviksön oder: Bockön –
Fölsbyn Aussetzstelle Haget über Stora le Umtragen bis Sundstabyn
Einsetzstelle Nordende Övre Blomsjön  …. usw.  Alles
klar? Die unseren Bericht lesen, sind doch wohl sicher so detailliert
ortskundig!!?? Na, dann wohl eher Verzicht auf derartige
protokollarische Ortsangaben und Beschreibung des Erlebten in Prosaform. 

Lassen wir doch die Fotos sprechen!

kurz vor Mitternacht

Wanderwegbeschilderung

Die an uns vorbeiziehende Landschaft war von Anfang bis Ende
traumhaft schön und abwechslungsreich. Sanftwellige glatte Felsen, die
Wassertiefe vor dem Ufer eigentlich immer so, dass wir aussteigen
konnten, im  Sanduntergrund
mit einigen wenigen Steinen, und das Boot an Land ziehen konnten.
Zwischendurch gab es auch immer mal Sand- oder Kieselstrand, lichter
Nadelholzbewuchs landeinwärts. Zeitweise ging es vom Ufer auch mal steil
aufwärts, schroffe, nadelholzbewachsene Hügel, mit wenig Möglichkeiten
zum anlanden oder gar Zeltaufschlagen. Mal bot sich uns ein einsamer
Sandstrand für uns ganz allein.

Wir campierten abwechselnd auf sogenannten Biwakplätzen (für deren
Benutzung wir für den Zeitraum unseres Aufenthaltes eine kleine Gebühr
in Ed entrichtet hatten) oder „wild“. Da wir ohnehin jeden Tag unseren
Platz wechselten hätten wir auch die ganze Zeit „wild“ zelten können,
kontrolliert hat da eh niemand. Und – Biwakplatz heißt: da führen halt
einige Trampelpfade durchs Gelände, zum einzigen, meist höher gelegenen
Plumpsklo. Die Campplätze lagen durchweg im Schatten von Bäumen – und:
Schatten suchten wir schon, denn wir hatten bis auf den 1. Tag die ganze
Zeit lang sonniges, moderat heißes Wetter. Bis auf ein Gewitter, das
uns natürlich prompt auf einem großen See (Foxen) heimsuchte, uns die
Schlagzahl deutlich erhöhen und Schutz suchen ließ auf einer Insel
(Getön). Den einsetzenden kurzen Starkregen verbrachten wir unter einer
provisorischen Plane von zwei netten deutschen Jungs aus dem
Schwarzwald, die dort ebenfalls gestrandet waren mit ihrem Kanu.
Überhaupt die Kanus: Wir waren mit unserem Ruderboot die
Attraktion. Die einzigen Ruderer weit und breit während aller Tage.
Kanuten waren dagegen zahlreich unterwegs, viele Deutsche, wenngleich in
dieser Weite der Wasserlandschaft vernachlässigbar, ebenso die nun
wirklich wenigen Motorboote. Keine Belästigung durch Wellen der
Motorschifffahrt. Ruhe pur, sobald es „Ruder halt“ hieß und wir uns eine
Trinkpause gönnten und an der schönen Umgebung erfreuen konnten.

Troll wacht über Biwakplatz

Mittagspause

Nachtliegeplatz

Hätten wir die Route mit den vielen Schleusen gewählt, hätten wir
vielleicht andere Eindrücke gewonnen, so sind wir in den zweifelhaften,
mühevollen aber dennoch letztlich amüsanten „Genuss“ des mehrmaligen
Umtragens unseres Bootes gekommen. Zum Glück hatten wir einen Wagen
dabei, sonst wäre dies unmöglich gewesen. Um es kurz zu fassen: von den
174 Kilometern haben wir gut 5 Kilometer Boot und Gepäck über Land
getragen. Nicht einfach mal so über die Straße, sondern hin zur nächst
möglichen Einlegestelle irgendwo anders, buchstäblich „über Stock und
Stein“, durch unwegsame Waldwege mit Wurzeln und Schlaglöchern, mal
bergaufführend, sodass alle Muskelkraft zum schieben erforderlich war,
dann wieder bergab, wo wir zusehen mussten, dass uns das Boot nicht
abrutschte. Ein anderes Mal über 2 km in brüllender Mittagshitze über
eine viel befahrene Landstraße,

wo die nächste Einsetzstelle erst mal gar nicht absehbar war und die
schließlich dann von der Teerstraße ab auch wieder über einen
Landwirtschaftsweg und durch ein Wäldchen zum Wasser führte. Klar, dass
am Ende solcher sportlichen Leistungen ein erfrischendes Bad in See oder
Fluss erfolgte, in glasklarem, reinem Wasser, das man sogar trinken
konnte. 

Nur wenige Male hatten wir unseren Proviant in kleinen
„Tante-Emma-Läden“ etwas aufgefrischt, einmal sogar in einer „deutschen
Bäckerei“ (Gustavsfors) mit einem hervorragenden Strudel und endlich mal
gutem Brot. In Gustavsfors genehmigten wir uns dann auch einmal einen
Imbiss. Ansonsten haben wir uns selbst versorgt, auf 2 kleinen
Gaskochern gekocht, im See gespült, auch mal unter Anleitung „Yoga“
geübt,

vor allem aber auf stets hervorragenden Plätzen dem sehr späten
Sonnenuntergang entgegengesehen – bevor wir uns, nach wie vor im Hellen –
zum Schlafen in die Zelte begeben hatten.

Die wenigen Schleusungen gingen zügig vonstatten, angekommen in
Haverud (die dortige Schleuse hatten wir umfahren), stand uns noch eine
letzte „Bootswanderung“ bevor, rund 200 Meter steil bergauf bis dorthin,
wo wir mit dem Bus anfahren konnten.
Ach ja, den Bus aus Ed holen – diese Aussicht ließ am Zielort Haverud
keine frohe Stimmung aufkommen, da Bus bzw. Bahn von dort sehr, sehr
ungünstig fuhren. Mit Umsteigen und dort wieder warten – hätte Stunden
bis Ed gedauert. Aber wir hatten Glück und eine deutsche Familie mit
Wohnwagen „gekapert“, die sich freundlicherweise bereit erklärt hatte,
ihren Urlaubsplan so zu verändern, dass sie am selben Tag in den
Elchpark nach Ed fahren wollte – und die Busholfraktion dorthin mitnahm. 

Am Ende unserer Fahrt auf schwedischem Boden ließen wir den Abend in
Göteborg ausklingen. Wir zogen uns erstmalig „stadtfein“ an und
genehmigten uns in einem sehr guten italienischen Restaurant ein
leckeres Abendessen.

Die wiederholt ermüdende nächtliche Rückfahrt nach Ratzeburg (diesmal
2-mal übersetzen mit Fähre) verdient keine weiteren besonderen Worte,
wohl aber das letzte gemeinsame Frühstück auf dem Vereinsgelände, mit
frischen Brötchen, wieder in der Sonne, mit Blick auf den Ratzeburger
Küchensee.

Danke unserem Fahrtenleiter, der uns so sicher via Kartenmaterial
durchs Dalsland-Wasserlabyrinth navigiert hat. Dank der guten,
vertrauten, entspannten, fröhlichen Stimmung, die dieses Bootsteam von
Anfang bis Ende gehalten und nur so wieder eine unvergessliche
Ruderwanderfahrt möglich gemacht hat.

Uschi R.