Trauer um Ingo Kliefoth

Aufgeben, das war seine Sache nicht! Dennoch müssen wir schmerzlich Abschied nehmen

von unserem Ruderkameraden Ingo Kliefoth, der im 82. Lebensjahr verstorben ist.

Mit Betroffenheit und großer Nachdenklichkeit sind wir bei seiner Familie und bei seiner Ehefrau Petra.

Ingo gehörte zu den „Jungen Leuten“, die mit dem Trainer Karl Adam und vielen Mitschülern der Lauenburgischen Gelehrtenschule das Fundament der großen sportlichen Erfolge des Ratzeburger Ruderclubs geschaffen haben. Bereits als Schüler startete Ingo 1957 mit einem geliehenen Achter auf der Deutschen Meisterschaft. Die Zweitplatzierung konnte im folgenden Jahr verbessert werden, der Achter würde Deutscher Meister – und wieder in einem Leihboot.

Mit 69-73 Kilogramm gehörte Ingo mit seinem Partner Bernd Kruse zu den absoluten „Leicht-gewichten“ in der Männerklasse des Rudersports. 

Beide aber fuhren einen exzellenten Zweier ohne Steuermann, wurden 1959 und 1960 Deutscher Meister in dieser Bootsklasse und 1959 im französischen Macon Europameister! Das war ein Paukenschlag für die Welt des Rudersports, so junge Athleten, ein so geringes Körpergewicht für diese schwierige Bootsgattung. Und dennoch gab es öffentlich geäußerte Kritik: die Rudertechnik sollte unbedingt verbessert werden…

Ingo und sein Bootskamerad „Igel“ Kruse verloren in der Olympiaausscheidung für die Spiele in Rom gegen den DDR-Zweier Weigel/Neuling. Beide fuhren aber als Ersatzleute für den Achtermit in die Olympiastadt.

Ingo hatte Witz und vor allem auch Charme. Er war neugierig und ging unproblematisch auf Menschen zu. So war es Ingo, der auf eine Besucherin an der Regattastrecke zuging und sie ansprach: es war die legendäre Gina Lollobrigida, die Ingo um Erlaubnis fragte, ihr ein kleinesEmblem der Deutschen Olympiamannschaft anzuheften. Ihm war es gelungen, tatsächlich eine Erlaubnis zu erhalten.    

Das aber war bei Weitem nicht das Ende der sportlichen Karriere. Nach dem Gewinn der Goldmedaille auf dem Lago di Albano des in der Ratzeburger Trainingsgruppe fest verankerten Achters begann für die erste Ruderweltmeisterschaft 1962 in Luzern der Neuaufbau eines Achters. Mit den Schlagleuten Kliefoth/Kruse wurde der Achter Weltmeister und 1963 Europameister in Kopenhagen.

Natürlich war Ingo ehrgeizig, aber immer ein offener, intelligenter und hilfsbereiter Gesprächspartner. Er war hart geben sich selbst, parallel erfolgtes Medizinstudium bis zu einer, als Chirurg, hoch anerkannten Chefarztstelle im Möllner Krankenhaus.

Leider beendete ein Unfall diese Karriere. Ingo aber versuchte mit großem Durchstehvermögen wieder eine Verbesserung seiner Situation zu erreichen. Dies ist ihm so weit gelungen, dass er auch wieder in ein Boot steigen und sehr gut rudern konnte. 

Er konnte wieder in Kühsen und Sterley seinen Platz in den Blaskapellen einnehmen und, zuletzt in Kogel ansässig, Reitpferde züchten und ausbilden.

Wir werden uns an Ingo als Freund, als Spitzenathlet im Ratzeburger Ruderclub und als Vorbild erinnern, der, mit vielfältigen Interessen und Fähigkeiten ausgestattet, ein erfülltes Leben hatte.

Dirk Schreyer

Frühjahr 1963: Der Achter wurde zu einer Wettkampfreise in die USA und Mexiko
         eingeladen. Mit einem Empfang für den Achter im Rosengarten des Weißen Hauses in 
         Washington D.C. durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika,
          John F. Kennedy, wollte er die Mannschaft kennenlernen, die seit Rom 1960 dem
          amerikanischen Achter so viel Konkurrenz gemacht hatte.
          Ingo schaut seinem Trainer und Lehrer, Karl Adam, über die
          Schulter – Auge in Auge mit dem mächtigsten Politiker der Welt.

16.Mai 2022