Es war wieder einmal ein phantastisches Ruderfest in der Hochburg Ratzeburg. Über 1000 sportliche Gäste bevölkerten die kleine Inselstadt aus rudersportlicher Absicht um sich die wertvollen Pokale und Medaillen am Siegersteg des erfolgreichsten Sportvereins in Schleswig-Holstein abzuholen. Über 2000 Meter schossen die bis 30.000 teuren Sportboote von der 8-Bahnen-Startanlage in Farchau, um sich auf der pittoresken Naturstrecke, dem altehrwürdigen Küchensee, Prestige und Qualifikation für WM und Studenten-WM zu sichern. In einem attraktiven Rahmenprogramm für die ganze Familie kam auf der Zuschauertribüne an der Kastanienallee wieder einmal der Flair des internationalen Wettkampfsportes auf, denn nicht nur deutsche Topteams, sondern auch Nationalmannschaften aus Dänemark, Schweden, Litauen, Polen, der Schweiz und den Niederlanden machten sich gegenseitig das Leben schwer. Und wer als interessierter Laie bei frühsommerlichem Wetter einen Spaziergang durch den Kurpark gewagt hatte, befand sich mitten im sportlichen Treiben auf dem Sattelplatz, wo sich die Mannschaften Auf- und Abwärmen, taktische Besprechungen mit Trainern und Steuerleuten vornehmen oder einfach beim letzten Fein-Tuning der modernen Rennboote beobachtet werden konnten.
In einem riesigen Zusammenspiel von ehrenamtlichen Helfern, insbesondere BGS und THW, war die Regattabahn perfekt präpariert und auch Petrus hatte mit den 450 Booten in gut 45 Rennen ein Einsehen und hielt mit seiner schützenden Hand den Regen ab, so dass viele spannende und faire Rennen über die Strecke gehen konnten. Von Regattasprecher Michael Schwarz aus dem Motorboot emotional kommentiert gingen die Boote nach typischen: Are you ready? Go! des Start-Schiedsrichters fulminant mit ohrenbetäubenden Spurts aus den Blöcken und kämpften Schlag für Schlag um die führenden Positionen im Rennen. Dass die absoluten Topstars wie die Ratzeburger Olympiasiegerin Meike Evers oder Weltmeister Marco Geisler sich nach dem Worldcup in München für das WC-Finale auf dem Luzerner Rotsee schonen müssen ist im olympischen Jahr zu verstehen und zu respektieren. Dafür hatte der Deutsche Ruderverband seine nichtolympischen Bootsklassen und die U23-Nationalmannschaften ins kleine aber feine Ratzeburg gebeten, um sich hier für die WM in Banyoles(Spanien) zu empfehlen. Und auch die Lokalmatadoren sorgten für reichlich Furore unter den teilweise bis zu 500 Ratzeburger Zuschauern auf der Tribüne. Der 24jährige Jörg Lehnigk donnerte im Leichtgewichts-Zweier-ohne-Steuermann mit seinem Schlagmann Joachim Drews überlegen über die Strecke und sicherte sich damit das Ticket für Luzern. Doch damit nicht genug gingen die beiden auch noch bei den Schwergewichten an den Start und zeigten den Dicken, dass die oft als Dünnbein verschrienen Leichten auch hier nicht zu schlagen waren. Auch der RRC-Skuller Nils Budde beeindruckte im Deutschen Leichtgewichtsvierer in toller Form mit einem Sieg in ihrer Klasse, bevor auch sie sich bei den Schwergewichten versuchten. Hier war es dann zwar nur der dritte Platz, aber in einem nervenaufreibenden Finale boten sie dem polnischen Nationalvierer und der deutschen U23-Crew bis ins Ziel Paroli und waren am Ende keine halbe Bootslänge zurück. Auch die WM-Dritte Marita Scholz aus der Ruderakademie startete aus dem Training heraus im Frauen-Einer, den sie souverän für sich entscheiden konnte und somit weiterhin um ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen buhlt. Ein absolutes Highlight war dann zudem das Einer-Rennen der Männer um den wertvollen Paulaner-Cup. Hier war der amtierende Deutsche Meister Steffen Petz aus Lingen in der Bringschuld seinen vor einem Jahr in Ratzeburg gewonnenen Titel würdig zu vertreten. Aber Max Schramm, eine Hüne aus Hamburg, der den Olympiazug nur denkbar knapp verpasst hatte, stellte sich Petz quer in den Weg und skullte überlegen an beiden Tagen zum Einer-Sieg. Das besondere Augenmerk der Zuschauer galt natürlich der Königsklasse und hier war es dem RRC-Organisationsteam um Regattaleiterin Renate Gerks gelungen, den Deutschen Leichtgewichtsachter für das Rennen zu buchen. Und der amtierende Weltmeister kam eindrucksvoll in Fahrt und rollte das komplette Feld nach schwachem Start von hinten auf und holte sich den Hans-Jürgen-Wallbrecht-Gedächtnis-Preis. Ähnlich stark präsentierte sich am zweiten Renntag der deutsche U23-Achter von Bundestrainer Thomas Affeldt (früher RRC), der mit seinem kompletten Nachwuchskader aus dem Leistungszentrum Dortmund angereist war, um die WM-Teams zu formen. Unter lautem Jubel ging als Novum der Hansestadtachter auf die 1000-Meter-Strecke. Von Marketing-Chef Dr. Jürgen Dolle Schröder, früher Weltmeister mit dem Ratzeburger Achter, ins Leben gerufen, traten die Hansestädte Bremen, Hamburg, Lübeck, Rostock und Ratzeburg als Gastgeber gegeneinander an, um die Einigkeit und die traditionellen Werte der Hanse in Erinnerung zu rufen und zu stärken. Wie schon in der Fussball-Bundesliga hieß auch auf dem Großen Küchensee die Freie und Hansestadt Bremen erster Sieger und durfte den wunderschönen Pokal für ihren stolzen Oberbürgermeister Henning Scherf mit an die Weser nehmen. Wir freuen uns sehr, dass Ratzeburg im nordeuropäischen Raum immer noch ein Zentrum der Ruderwelt darstellt und so viele junge Menschen, die ehrgeizig für ihren Lebenstraum trainieren, unsere Inselstadt als Wettkampfort auserwählt haben. Das bestätigt uns als Organisationsteam unsere Arbeit weiter zu führen und dieses Ruderfest für Ratzeburg auch im nächsten Jahr wieder aufzulegen. Dass so viele spannende Rennen, wie an diesem Wochenende auch noch mit gutem Wetter belohnt wurden und die Ratzeburger Bürger uns so stark unterstützt haben, rundet die Sache ab erklärt ein zufriedener Club-Chef Lingolf von Lingelsheim.