Dr. med. Klaus Behrens ( geb. 03.08.1941 verst. 19.09.2022 )
Unser Ruderkamerad Klaus Behrens ist im 81. Lebensjahr verstorben. Wir sind betroffen und trauern mit seiner Witwe Claudia und allen Angehörigen.
Klaus, den die gesamte Ruderwelt nur Mac nannte, war nicht nur ein Ausnahmeathlet im Sport, sondern hatte sich auch eine Bilderbuchkarriere im Beruf und ein liebevolles Familienleben aufbauen können.
Klaus ist an der Möllner Straße in Ratzeburg aufgewachsen. Von diesem höher gelegenen Standort aus konnte er nicht nur die rudersportlichen Aktivitäten auf dem Küchensee beobachten, sondern konnte auch den „Steuermannshügel“ auf der östlichen Seite des Sees fest im Blick behalten. Hierher kamen zwei Steuerleute, Thomas Ahrens und Peter Niehusen, die die Mannschaften, zu denen Klaus gehörte, zu vielen Siegen gesteuert haben:
Weltmeisterschaft 1962 in Luzern, Europameisterschaften 1963 in Kopenhagen, 1964 in Amsterdam und 1965 in Duisburg. Der 1964 noch einmal auf zwei Positionen umbesetzte Achter startete bei den Olympischen Spielen 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio für die letzte Gesamtdeutsche Olympiamannschaft. Ein Sieg im Vorlauf brachte die Teilnahme an den Finals. Doch dieser Finaltag war wettermäßig außerordentlich „unschön“. Bedeckter Himmel, seitlich in die Regattabahn wehender Wind, der auf dem Wasser sogar Schaum- kronen bildete, führte zu immer wieder neuen Verschiebungen der Startzeiten in der Hoffnung, dass sich das Wetter akzeptabel beruhigen würde. Der Start des Achterrennens fand dann bereits bei Dunkelheit statt. Etwas Licht brachte die Pyrotechnik, USA startete auf der windgeschützten Bahn unter Land und wurden mit fünf Sekunden Vorsprung vor dem Deutschen Boot Olympiasieger.
Eine Silbermedaille bei den Olympischen Spielen zu gewinnen, das ist schon ein großer Erfolg! Aber die Mannschaft konnte und wollte gegen den amerikanischen Achter vom Vesper Boat Club Philadelphia gewinnen. Drei Ruderer aus dem Tokio-Achter beendeten ihre Laufbahn. Wie fast selbstverständlich und ohne große Absprachen wollten Klaus, gemeinsam mit Aeffke, Wallbrecht, Schröder und Meyer auch noch eine Saison drangeben und weiter Achter fahren. Der Achter konnte durch die Weltmeister im Vierer o.Stm. von 1962, Dagobert Thometschek und Christian Prey sowie durch Dirk Schreyer ergänzt werden. Neuer Steuermann wurde der Ratzeburger Peter Niehusen. Nach der Deutschen Meisterschaft bot sich die Chance auf der Henley Royal Regatta, der ältesten Ruderregatta der Welt, zu starten. Das amerikanische Olympiasiegerboot hatte bereits für das Rennen um den Grand Challenge Cup gemeldet, und so wurde der Wunsch nach Henley-on-Thames zu reisen weiter verstärkt. In Henley erwartete uns eine grandiose Kulisse: Eine Regattastrecke mit nur zwei Bahnen und einer außergewöhnlichen Streckenlänge von 2.112 Metern; gerudert wird nach dem k.o.-System; Henley soll nach Ascot das größte gesellschaftliche Sportereignis sein, wir haben es genossen!
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Das Finale des Achterrennens konnten wir gegen Vesper Boat Club deutlich gewinnen. Das aber konnte für die Amerikaner wohl so nicht stehen bleiben, und ihnen wurde ein Start bei der am drauffolgenden Wochenende in Ratzeburg stattfindenden Internationalen Ruderregatta zugesagt. Der amerikanische Achter belegte hinter uns erneut den zweiten Platz. Aber aller guten Dinge sind drei; Der US- Achter nahm die Startmöglichkeit bei der Europameisterschaft in Duisburg wahr. (Dies war als FISA-Mitglied möglich). Am Finaltag erlebten wir in Duisburg einen starken, gleichmäßigen Gegenwind. Es gab keine Möglichkeit mehr, ein Boot neu zu trimmen. Einzige Möglichkeit, die Hebelverhältnisse so zu justieren, dass ein erfolgreiches Rennen gefahren werden konnte, war das Absägen des Innenhebels um 1,5 cm. Die Beobachter auf dem Regattaplatz, darunter natürlich auch unsere Gegner, quittierten diese Aktion mit Überraschung, mitleidigem Lächeln und totalem Unverständnis. Diesmal kam der Wind für alle Boote von vorne, wir hatten uns mit unserer Aktion darauf einstellen können und gewannen die Europameisterschaft vor den USA.
Besonders für diejenigen im Boot, die, wie auch Klaus, Tokio miterlebt hatten, war es kein Ersatz für eine olympische Goldmedaille, aber dennoch eine sportliche Genugtuung. Später war Klaus noch als Trainer in seinem Ruderclub in Hürth erfolgreich engagiert.
Klaus ist in Ratzeburg zur Schule gegangen. Nach einer Ausbildung hat er die Hochschulreife nachgeholt, ein Medizinstudium abgeschlossen und wurde zum Dr. med. promoviert. Lange Jahre hat er seine HNO-Praxis in Hürth erfolgreich geführt. Seine menschliche und freundliche Art, sowie seine Beständigkeit und Zuverlässigkeit, die ihm in einer kleinen Biografie schon 1964 bestätigt worden waren, sind sehr markante Persönlichkeitsmerkmale als Voraussetzung für seinen enormen Erfolg. Ganz sicher haben davon auch seine Familie und seine Kinder profitiert.
Klaus, wir werden Dich immer in Erinnerung behalten!
Dirk Schreyer, Hamburg
26. September 2022