Big Tim unterwegs nach Peking

Wie ein kleiner Steuermann vier junge Männer Richtung China lenkt

Es ist immer noch wie ein Traum für den jungen Ernst-Barlach-Realschüler Tim Berent. Vor wenigen Jahren noch ruderte der Achtklässler, der am kommenden Dienstag 16 Jahre alt wird, in der Ruder-AG der Lauenburgischen Gelehrtenschule bei Lehrer Thorsten Lenz so aus Spaß an der Sache. Dann jedoch entdeckte der sportliche und selbstbewusste Schlacks aus Einhaus bei Ratzeburg sein Talent an den Steuerseilen.
Angefangen hatte „Timmy“ als Steuermann der Mannschaftsboote des Ratzeburger Ruderclubs auf Landesmeisterschaften und Bundeswettbewerben. Schnell registrierte Trainerin Kati Strey die überdurchschnittlichen Fähigkeiten des 1,75m großen und derzeit 51kg leichten Kinderruderers. „Es ist schon selten so junge Menschen in der passenden Gewichtsklasse mit der nötigen Autorität und Cleverness zu finden, die quasi als Co-Trainer und rechter Arm der Trainingssteuerung fungieren können. Und unser Tim ist so ein seltenes Juwel, den wir natürlich dementsprechend fördern wollen“ erzählt Erfolgscoach Kati Strey über das derzeit erfolgreichste ihrer Talente.
Auf satte 18 Siege plus zwei Deutsche Meistertitel im Vierer und Achter kommt der aufgeweckte Ratzeburger Jung alleine in dieser Saison in der Juniorklasse und da war es nur noch eine Frage der Zeit, dass Bundestrainer Dr. Dieter Altenburg den RRC-Lenker in den erlesenen Kreis der Junioren-Nationalmannschaft berufen würde und nominierte Tim Berent im Rahmen der Deutschen Jugendmeisterschaften auf dem Großen Beetzsee in Brandenburg.
„Total geil war mein erster Gedanke als ich die Nachricht vom Bundestrainer bekam, dass ich auf der Junioren-Weltmeisterschaft in Peking den Vierer der A-Junioren steuern darf“ freut sich ein sympathischer Tim Berent über seine Nominierung.
Dafür schuftet der eher schüchtern wirkende Junge mit der Zahnspange seit Anfang Juli im Trainingslager in Berlin-Grünau. Bis zum 30. Juli wird der Vierer von Lübecks Erfolgstrainer Björn Lötsch noch in der deutschen Hauptstadt geschliffen und dann geht es für die gesamte Nationalmannschaft inklusive Tim Berent auf die große Reise gen China, wo die weltbesten Junioren ein Jahr vor den Olympischen Spielen schon einmal die „heilige“ 2000-Meter-Strecke auf ihre Wettkampftauglichkeit testen werden. Auf die Frage was einen guten Steuermann eigentlich ausmacht antwortet Tim äußerst selbstbewusst: „Viele denken der Steuermann hält nur die Steuerseile einigermaßen gerade, aber die Aufgaben eines guten Lenkers sind viel komplexer. Ich muss das Team als rechte Hand des Trainers zusammenbringen und halten, die Trainer-Anweisungen auf dem Wasser an die Crew weitergeben, muss mich gegenüber den älteren Ruderern durchsetzen, alle motivieren, auch mal Spaßvogel oder Bremser sein, technische Fehler während des Ruderns erkennen und beheben und während der Rennen die Taktik umsetzen und gegebenenfalls bei Spurts der Gegner sofort reagieren. Und noch viele viele Aufgaben mehr“ schmunzelt Tim Berent. Klare Sache, dass Tims Vorbild der zumindest in Ruderkreisen berühmte Peter Thiede, seit 10 Jahren Steuermann des Deutschlandachters und derzeit amtierenden Weltmeisters ist. „Leider habe ich ihn noch nicht kennen gelernt, aber ich bin absolut lernbereit und hoffe, dass ich mir von ihm eines Tages noch ein paar Tipps abholen kann, wie ich noch mehr aus meinen Mannschaften rausholen kann“.
Neben Schule und seinem exklusiven Nebenjob als Steuermann von WM-Booten bleibt dem ersten RRC-Cox auf einer Junioren-WM nicht mehr viel Zeit für andere Hobbys. „Zum Rudern komme ich leider selbst nur noch selten, versuche aber trotzdem ab und an selbst zu Rudern, um das Gefühl für die Ruderbewegung zu behalten. So kann ich meiner Mannschaft besser erklären, wie das Boot noch besser läuft“.
Klare Sache, dass das Lieblingsfach des 16jährigen Schülers Sport ist. Schade nur, dass es an der Ernst-Barlach-Realschule kein Rudern gibt. Dafür drücken ihm sicherlich alle Lehrer und Schüler fest die Daumen, dass „Timmy“ mit einer Medaille von den Weltmeisterschaften aus China zurückkehrt. Das tun nämlich auch alle RRC-Mitglieder und Ratzeburger die stolz darauf sind, dass es wieder einmal ein junger Mensch aus der kleinen Inselstadt in die Weltspitze des Sports geschafft hat und den Namen Ratzeburgs würdig präsentieren wird.